Güner Yasemin Balci

"Heimatland"

Reihe: Was uns bewegt

Moderation: Sebastian Friedrich

Als türkische Gastarbeiter kamen Güner Balcis Eltern nach Berlin, ins Neuköllner Rollbergviertel, eine Großsiedlung mit achteckigen Betonklötzen. Für sie war der Einzug in eine Wohnung mit eigenem Bad ein Meilenstein des Ankommens in der Fremde. Anfang der 1980er-Jahre verwandelte sich der Kiez in einen sozialen Brennpunkt. Die Söhne arabischer Großfamilien beherrschten das Geschehen. Ein reaktionärer Islam machte sich breit, der Mädchen und Frauen die Selbstbestimmung verweigerte. Güner Balci erzählt von Selbstbehauptung und Scheitern, von Freundschaft und Verlust in einem Viertel, das zu ihrer Lebensschule wurde: „Ich liebe meine Heimat, meine Sprache, meine Hood, meine Leute und unsere in der Verfassung garantierten Werte, Menschenwürde, Gleichberechtigung, freie Entfaltung der Persönlichkeit. Lange Zeit galten sie als unbestreitbar, heute sehe ich sie bedroht.“

Güner Yasemin Balci ist Journalistin, Schriftstellerin, Filmemacherin und seit 2020 Integrationsbeauftragte für den Berliner Bezirk Neukölln. In ihren Büchern wie „Arabboy“, „Aliyahs Flucht“ und „Das Mädchen und der Gotteskrieger“ widmet sie sich vor allem den Zwängen und Geboten, mit denen Kinder aus muslimischen Einwandererfamilien aufwachsen. Balci war Redakteurin beim ZDF für das Politmagazin Frontal 21 und arbeitete als Regisseurin für Arte, ARD und ZDF. Für ihre Reportage „Tod einer Richterin – auf den Spuren von Kirsten Heisig“ gewann sie 2012 den Civis Fernsehpreis. 2017 realisierte sie den Dokumentarfilm „Der Jungfrauenwahn“, der den Bayrischen Fernsehpreis gewann

Güner Yasemin Balci
(c) Jesco Denzel